Sonntag, 8. Dezember 2024

Eine Hose für Heiligabend - Zwischenstand!

Wer Kleidung selbst näht, von dieser Kleidung einen guten Sitz erwartet und nicht ganz zufällig exakt mit den Maßtabellen der Schnitthersteller übereinstimmt, der wird irgendwann Anpassungen machen müssen. Und es sei auch mal erwähnt, dass das gar nicht so leicht ist. Dabei meine ich nicht die Anpassung selbst, sondern sich überhaupt damit zu beschäftigen, wo am eigenen Körper die Ungereimtheiten liegen, wo man selbst vom "Standard" abweicht. Ist die Brust zu groß? Ist das Gesäß flach? Ist die Schulter abfallend? Sind die Beine kurz?

Falls ihr euch mit Anpassungen beschäftigen wollt oder sogar schon mitten drin seid, hier der wichtige Hinweis: Die Beine sind nicht zu kurz, sondern nur ein bisschen kürzer als in diesem Schnittmuster vorgesehen und das Gesäß ist auch nicht zu flach, sondern nur weniger üppig als die Jeans geschnitten ist. Die Brust ist nicht zu groß, sondern sie braucht einfach nur etwas mehr Platz. Es gibt keinen Standard und es gibt übrigens auch keine völlig faltenfreie Kleidung, wenn ihr euch ab und zu mal bewegen wollt! Mode und Kleidung sind auch Ausdruck und nicht selten emotional behaftet, aber bei Schnittanpassungen geht es um sachliche Zahlen, um Maße, um Fakten; das kann anstrengend sein. Seid nicht streng zu euch oder eurem Körper, gönnt euch zwischendurch auch mal eine Pause und einen nüchternen Blick - das wird sich lohnen!

Nun aber zu meiner Hose für Heiligabend, denn ich habe ein Probeteil genäht.. okay, ich habe drei Probeteile genäht und diverse Male verändert. Aber eins nach dem anderen. Zunächst habe ich mir nochmal angeschaut, wie eine Hose eigentlich aufgebaut ist, denn ich finde das bei einer Hose gar nicht mal so selbsterklärend.

Eine Hose besteht klassischerweise aus einer Vorder- und einer Hinterhose. Die Länge an der Seitennaht und die Höhe des Bundes, wenn er vorhanden ist, entsprechen der Hosenlänge. Die Sitz- oder Leibhöhe ist die Länge von Bund zum Schritt; sie wird am Körper in aller Regel im Sitzen gemessen. Die Länge vom Schritt zum Saum ist die Innenbeinlänge.

Die Hüftlinie beschreibt zumeist die weiteste Stelle der Hose, denn dort ist unser Körper in der Regel auch am weitesten, wobei sich das etwas verschieben kann, wenn man ein ausgeprägtes Gesäß oder einen ausgeprägten Bauch hat. Die Hüftlinie ist in der Hinterhose etwas geneigt, weil die Strecke zwischen Schritt und Hüfte weiter ist als im Vorderteil oder an den Seitennähten. Die Schrittlinie liegt auf der Höhe, wo der Schritt der Hose liegt, also sich die Innenbeinnähte und die Schrittkurve oder Schhrittnaht, die von der vorderen Mitte durch den Schritt zur hinteren Mitte verläuft, treffen. Die Schrittkurve ist am Vorderteil viel weniger ausgeprägt und kürzer, weil wir Frauen vorn weniger Länge im Schritt brauchen als hinten am Gesäß; ebenso ist die Vorderhose etwas schmaler als die Hinterhose.

Ich habe das Schnittmuster zunächst unverändert in der Größe genäht, die meinem Hüftmaß entsprach. Achtung: Simplicity hat - wie übrigens auch Vogue, Butterick und McCalls - oft recht großzügige Bequemlichkeitsweiten, achtet daher immer auf die Fertigmaße. Die Fertigmaße findet ihr auf dem Schnittmusterbogen an Brust, Taille und Hüfte.

Meine Probehose hatte vor allem zwei Probleme, nämlich in der Taille war sie zu weit und hinten zog sich der Stoff in das Gesäß - wenig charmant nennt man das "Arsch frisst Hose".

Beide Probleme habe ich erwartet, denn es sind genau die gleichen Probleme, die ich auch bei Kaufhosen regelmäßig habe.

Das Problem in der Taille habe ich pragmatisch gelöst und ab der Hüfte zur Taille einfach in beiden Seitennähten 2cm weggenommen, also die Taillenweite insgesamt um 8cm verringert; die Bundfalte vorn und die Abnäher hinten habe ich anschließend etwas verschoben, damit die Proprtionen gleich bleiben. Im weiteren Verlauf habe ich auch in der hinteren Mitte nochmal 4cm weggenommen.

Das Problem hinten ist ganz offensichtlich eine zu kurze Schrittnaht. Um die fehlende Länge hinzuzufügen habe ich zunächst im Schritt, also dort wo sich die vordere und hintere Mittelnaht und die Innenbeinnähte treffen, an der Hinterhose 2cm hinzugefügt. Außerdem habe ich ungefähr auf Höhe der Hüftlinie das Schnittmuster bis zur Seite eingeschnitten und dann um 2cm aufgeklappt.

Das Ergebnis war allerdings nur mäßig befriedigend. Zwar waren die Falten am Gesäß etwas weniger geworden, aber sie waren noch nicht weg. Außerdem waren plötzlich unterhalb des Gesäß noch andere Falten. Ich hatte durch das Aufklappen eben nicht nur die hintere Mitte verlängert, sondern bis zur Seitennaht Länge hinzugefügt und diese Länge stauchte nun; man kann getrost von verschlimmbessern sprechen.

Immerhin hatte ich bei meinem zweiten Probeteil aber schon Taschen hinzugefügt und die sehen gut aus - auf Anraten von Regina und Tina werde ich die Taschen aber noch bis zur vorderen Mitte ziehen. Der Vorteil von Taschen, die über das gesamte Vorderteil gehen und im Bund mitgefasst werden, ist zusätzliche Stabilität, denn die Taschenbeutel liegen dann immer glatt und die Tascheneingriffe sperren nicht auf, außerdem springt die Bundfalte nicht so abrupt auf.

Aber wie nun das Problem mit der hinteren Passform lösen? Ich habe eine zu kurze Schrittnaht, also muss ich diese verlängern ohne dass ich zusätzliche Länge in die Hinterhose bringe. Ich habe mir nochmal das Schnittmuster angeschaut und wenn man die Vorder- und Hinterhose dort aneinanderlegt, wo sie sich treffen, dann kann man gut sehen wie die Schrittnaht verläuft und welche Körperform wohl berücksichtigt wurde(links).



Meine eigene Körperform entspricht dem aber nicht. Ich habe eine leicht nach vorn geneigte Taille und ein ausgeprägtes und eher tiefliegendes Gesäß (rechts).

Ich brauche also viel mehr Länge in der hinteren Schrittnaht und auch mehr Tiefe, damit mein Gesäß vernünftig reinpasst.

Um das zu erreichen habe ich wieder die 2cm Länge direkt im Schritt zugegeben. Außerdem habe ich die ganze Schrittkurve deutlich länger auf der Schrittlinie laufen lassen und mit mehr Schwung nach oben geführt. Man kann direkt sehen, dass die rote Naht durch ihren Verlauf deutlich länger ist als die schwarze.

Wenn die Hose schmal sitzt, dann müsste man hier die Weite an der Seitennaht zugeben, damit die Hose nicht insgesamt zu eng wird. Das habe ich zunächst auch gemacht, aber das war letztlich nicht nötig, die Hinterhose war insgesamt weit genug.

Nach dieser Anpassung tauchte noch ein weiteres Problem auf, das ich bei Kaufhosen ebenfalls oft habe, denn nachdem die hintere Schrittnaht sich entspannt hatte und auch nicht mehr die vordere Schrittnaht nach unten zog, sah man, dass die Leibhöhe zu lang war und die Hose vorn im Schritt staucht. Also habe ich die Leibhöhe vorn und hinten ein wenig verringert.

Übrigens weiß ich auch meistens nicht, wie viel Länge mehr ich genau brauche oder wie tief ich den Schritt ziehen muss oder Ähnliches. Manchmal stecke ich am Probeteil ab, reiße auch mal einen Schlitz in das Probeteil um zu schauen, wie weit der Stoff aufklafft, oder ich schätze entweder oder versuche es halt einfach mal mit einem oder zwei Zentimeter, anhand des Unterschiedes kann man dann weitermachen und entweder noch mehr zugeben oder wieder etwas wegnehmen. Anpassungen haben - gerade wenn man nicht gelernt ist oder fachkundige Unterstützung hat - viel Versuch und Irrtum, aber dafür sind Probeteile ja da!

Und hier nun also die letzte Version meines Probeteils.


Die Querfalten oben am Bund resultieren aus einer immernoch etwas zu hohen Leibhöhe, aber dort kommen ja die 1,5cm für den Bund noch weg, daher habe ich nicht weiter gekürzt. Ganz leicht sieht man ein paar Falten, die sich zum Bauch ziehen. Man könnte durch Aufschneiden und aufklappen von der vorderen Mitte zur Seitennaht (wie oben gezeigt) etwas mehr Länge erzeugen, die ein ausgeprägter Bauch im Gegensatz zu einem flachen Bauch braucht, aber ich fand die Falten so unauffällig, das ich darauf verzichtet habe. Einen Bauch sollte man meines Erachtens nicht zu sehr ausformen, sonst wird er noch auffälliger. Außerdem verspreche ich mir vom Futter der Vorderhose einen besseren Fall als bei dem stumpfen Bomull. Die vordere Bügelfalte fällt gerade - ich hoffe, dass man die Striche auf dem Foto erkennen kann.


Auch die Seitennaht ist lotrecht. Die leichte Beule auf Hüfthöhe resultierte aus der Mehrweite, die ich zunächst eingeplant, aber inzwischen wieder rausgenommen habe.


Hinten sieht man, dass die Hose noch ein bisschen ins Gesäß zieht, außerdem ist die Bügelfalte nicht ganz gerade. Ich habe daher auf meinem Schnittmuster noch ein bisschen mehr Schwung eingezeichnet, aber vor allem habe ich bei der Probehose die Hinterhose nicht vorab in Form gebügelt. An der Hinterhose wird die Innenbeinnaht ungefähr 10cm vor dem Schritt auf 12cm Länge gedehnt; diese 2cm fehlen in dem Probeteil, daher zieht die Innenbeinnaht dort etwas nach oben und bringt auch die Bügelfalte aus dem Gleichgewicht. Ordentlich in Form gebügelt, dürften sich beide Probleme erledigt haben.

Puh, das waren ziemlich viele Erläuterungen und ich gratuliere allen, die bis hierhin durchgehalten haben. Vielleicht nutzen diese Ausführungen ja der ein oder anderen bei eigenen Anpassungen - ich hoffe, die Ausführungen waren verständlich, ansonsten sagt bitte Bescheid. Auch über Hinweise oder Verbesserungen freue ich mich.

Ich bin jetzt jedenfalls soweit zufrieden mit der Passform und dem Tragegefühl, dass ich mit diesem Modell nun ins Rennen gehe und meinen Wollstoff zuschneiden werde. Und dann sehen wir uns hoffentlich unter'm Weihnachtsbaum beim MeMadeMittwoch mit einer gut passenden Hose!

Sonntag, 1. Dezember 2024

Eine Hose für Heiligabend!

Auch in diesem Jahr wird beim MeMadeMittwoch ein gemeinsames Nähen für Weihnachten veranstaltet.

Ich habe bereits mehrfach teilgenommen - mal mehr, mal weniger erfolgreich. Dieses Jahr habe ich ambitionierte Pläne, denn ich möchte zum ersten Mal eine Hose nähen. Das klingt erstmal nicht so aufwendig, allerdings wird dieser Plan einige Probeteile und Anpassungen erfordern, denn Hosen sitzen bei mir regelmäßig leider nicht sehr gut. Immer ist die Taille zu weit oder die Hüfte zu eng, oft ist die hintere Schrittnaht zu kurz und/oder die vordere Schrittnaht zu lang. Aber ich habe Zeit und Lust das endlich anzugehen und was wäre besser geeignet als der Weihnachtskleid-Sewalong?

Aufgrund der vermutlich vielen Anpassungen habe ich schon ein bisschen vorgearbeitet. Stoff und Schnitt stehen und ich habe auch schon abgepaust.

Es wird ein glatter Wollstoff in Bordeauxrot unbekannter Herkunft. Der Stoff mit ganz leichtem Webmuster wollte schon immer eine Hose werden.

Der Hosenschnitt wird Simplicity 8243. Statt der Nahttaschen möchte ich lieber Hüftpassentaschen, weil ich finde, dass Nahttaschen in Hosen oftmals nicht so gut sitzen. Außerdem kann ich ohne Nahttaschen den Reißer, der eigentlich für die hintere Mitte vorgesehen ist, in die Seite verlegen, dort wird er weniger beansprucht und lässt sich bequemer öffnen und schließen. Im Übrigen möchte ich das vordere Bein bis zum Knie füttern und Gürtelschlaufen ergänzen.

Wenn mein Plan gelingt, dann möchte ich noch weitere Hosen nach diesem Schnitt nähen. Gern auch noch aus einem gröberen Wollstoff und einem Viskosekrepp sowie mit einem Aufschlag.

Heute und in der kommenden Woche werde ich mich den Anpassungen widmen und hoffentlich dann am nächsten Sonntag bereits ein passendes Probemodell präsentieren können - habt ihr Tipps oder Erfahrungen beim Nähen von Hosen?

Und wenn ihr auch in der Adventszeit etwas nähen möchtet, dann macht doch noch beim Weihnachtskleid-Sewalong mit!

Dienstag, 19. November 2024

Fertig: Wollkleid aus Schwabe der neue Schnitt 08/1950

Hier wird es langsam winterlich und so musste zuletzt ein Wollkleid für den Winter her.


Weil winterlich aber nicht trist heißen muss, habe ich mich für eine gewagte Farbkombination entschieden: Abseitenfischgrat von Zuleeg in Bistro Green, Fuchsia und Plum - der Stoff wurde mir für das Kleid zur Verfügung gestellt.


Der Stoff hat einen ordentlichen Wollanteil (41 %), daneben Baumwolle (45 %) und etwas Polyamid (14 %) und genau den richtigen Fall und das passende Gewicht für ein Kleid, das sowohl draußen warm hält als auch drinnen angenehm zu tragen ist - und trotz des hohen Wollanteils lässt er sich wunderbar direkt auf der Haut tragen. Der Stoff hat sich zudem völlig anstandslos vernähen, mit Vlieseline bekleben und bügeln lassen.


Als Schnitt habe ich mir ein Kleid aus Schwabe der neue Schnitt aus August 1950 ausgesucht. Ein schmales Kleid mit leichter Asymmetrie, Kragendetails und einer Drapierung an der Hüfte.


Ich habe wie immer eine Anpassung für die große Brust gemacht. In diesem Falle habe ich, statt mit Abnähern zu arbeiten, eine Naht im Oberteil gesetzt und die Mehrweiten, die ich zwar an der Brust brauche aber nicht an den Seiten, in diese Naht geschoben. Dadurch hat mein Oberteil nun eine Prinzessnaht. Dies ließ sich hier besonders gut umsetzen, weil das Schnittmuster ohnehin einen Abnäher aus der Schulter vorsah.


Dazu macht man zunächst eine normale Full Bust Adjustment (links), dann schneidet man das Oberteil über den Brustpunkt hinweg auf (mittig) und schließt den seitlichen Abnäher (rechts); die Teilungsnaht sollte schön weich verlaufen und macht euch am besten ein paar Markierungen, wo sich beide Teile treffen und natürlich nicht die Nahtzugabe vergessen.


Im Übrigen habe ich noch die Schulter vorn etwas tiefer gesetzt, weil trotz Schulterpolster zu viel Stoff an der Schulter war. Leider habe ich nicht daran gedacht, dass ich die Armkugel auch noch etwas hätte anheben müssen, daher werfen die Ärmel ein wenig Falten.

Das Oberteil hat keinen eigenen Verschluss und ich bin noch unsicher, ob die Überlappung allein alles da hält, wo es hingehört, aber im Zweifel werde ich einfach noch ein paar versteckte Druckknöpfe anbringen.


Am Rockteil habe ich vorn die Überlappung etwas erweitert, damit man nicht in die Knopfleiste hineinschauen kann und hinten etwas Weite zugegeben. Der Gehschlitz hinten sorgt für ausreichend Bewegungsfreiheit beim Gehen.


Und schließlich habe ich mir noch gedacht, dass ich in den Farben doch etwas eingeschränkt bin und es auch nicht immer ganz so auffällig möchte, daher habe ich mich entschieden, die Details in Fuchsia und Plum mit Druckknöpfen zu befestigen, sodass ich sie auch abmachen und das Kleid einfarbig tragen kann.


Einfarbig wirkt das Kleid sehr viel ruhiger und der Fokus richtet sich etwas mehr auf die hübschen Knöpfe und die Details wie den ebenfalls geknöpften Gürtel, die Ärmelmanschetten und den kleinen Schalkragen.


Ich bin sehr glücklich mit dem Kleid - es trägt sich traumhaft und ich mag sowohl die mehrfarbige wie auch die etwas reduzierte Variante. Welche gefällt euch besser?

Freitag, 8. November 2024

Fertig: Wollhemd für den Herren!


Der liebe Gatte hat ein neues Hemd bekommen - der Schnitt ist, wie schon mehrfach zuvor, Simplicity 4760. Der Schnitt ist sehr klassisch mit Manschetten, gerade geschnitten und mit kleiner Schlaufe am Kragen.


Das Aufregende an diesem Hemd ist aber weniger der Schnitt, sondern viel mehr der Stoff. Denn das ist ein Flanell, der zu 70 % aus feiner Schurwolle und zu 30 % aus Polyamid gewebt ist. Durch die Schurwolle ist der Stoff warm, weich und atmungsaktiv, außerdem nimmt Wolle kaum Gerüche oder Schmutz an. Der kleine Polyamidanteil macht den Stoff robuster und damit langlebiger. Der Stoff ist von Zuleeg und wurde mir für das Hemd zur Verfügung gestellt.

Das typische Muster aus Grün, Blau und Schwarz geht übrigens zurück auf das 1724 aufgestellte, schottische Black Watch Regiment. Es ist eines der wenigen Tartans, die an keine Clanzugehörigkeit gebunden sind und daher von jedem betragen werden können. Außerdem ist das eher dunkle Muster gut zu kombinieren und ein echter Klassiker.


Flanell ist aus meiner Sicht ein eher unterschätzter Stoff, oftmals abgestempelt als Nacht- oder Bettwäsche. Flanell ist ein zumeist leichtes bis mittelschweres Gewebe und wird in Leinwand- oder in Köperbindung hergestellt; sehr typisch sind Karomuster, weil diese sich mit den durchgefärbten Fäden gut weben lassen. Nach dem Weben wird der Stoff von beiden Seiten angeraut. So entsteht der weiche Griff und die wärmende Wirkung des Stoffes, denn zwischen den aufgerauten Fasern bilden sich kleine Luftkammern und die halten die Wärme am Körper; ideal, wenn man im Herbst und Winter draußen unterwegs ist und Bewegungsfreiheit braucht, aber trotzdem nicht frieren will.

Oftmals ist eine Stoffseite flauschiger als die andere und diese Seite gehört - wegen der wärmenden Eigenschaft - grundsätzlich nach innen, also an den Körper. Man kann aber auch die flauschigere Seite nach außen legen, wichtig ist, dass Flanell meistens eine bevorzugte Strichrichtung hat, also sollten alle Teile in die gleiche Richtung zugeschnitten werden.


Flanell sollte mit ausreichend breiter Nahtzugabe verarbeitet werden, damit das Gewebe sich nicht aus der Naht löst. Ich habe die Nähte direkt als Kappnähte genäht - dann sind die Kanten gleich versäubert und es ist weniger Zug auf der einzelnen Naht.

Als Verschluss hat der Gatte sich Perlmuttdruckknöpfe ausgesucht

Ich bin sehr zufrieden mit dem Hemd - der Stoff ist so weich und ließ sich anstandslos verarbeiten, das Hemd ist genau so geworden, wie der Gatte es sich gewünscht hat, und er berichtet von einem hervorragenden Tragekomfort!

Mittwoch, 2. Oktober 2024

Fertig: Bluse nach Simplicity 7708!


Die Bluse nach Simplicity 7708 ist einer meiner meistgenähten Schnitte (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7), weil sich damit so schön Viskosestoffe verarbeiten lassen. In diesem Falle eine dunkelblaue Viskose mit großem Muster in blau, weiß und gelb; aufgrund der Farben und der Federn und Blätter erinnert das Muster fast ein wenig an Art déco.


Weil die Stoffmenge es hergab und ich die Bluse eher in den etwas kälteren Jahreszeiten tragen werde, hat sie lange Ärmel bekommen. Ich möchte sie besonders zum graublauen Cape tragen.

Auf Schulterpolster und Reißverschluss habe ich verzichtet, aber nachdem bereits bei einigen Blusen der Schlitz hinten am Kragen ausgerissen war, habe ich in der hinteren Mitte eine Naht eingefügt. Ansonsten nähte ich die Bluse unverändert.


Ansonsten gibt es nicht viel zu sagen, da ich den Schnitt schon so oft nähte, ging das leicht von der Hand und das Ergebnis ist genau wie erwartet. Den Hosenrock aus der Burda 06/2015 hate ich bereits gezeigt. Gestern trug ich dazu noch eine Strickjacke, weil es wirklich kalt geworden ist.
[Verlinkt beim MeMadeMittwoch]

Mittwoch, 4. September 2024

Fertig: Burda Rock 106b aus 05/2012!


Diesen Rock wollte ich schon längst nochmal wieder nähen. Es ist Modell 106b aus der Burda 05/2012. Wenn man mich fragt, dann ist das einer der schönsten Röcke überhaupt. Und falls jemand den Schnitt auch super findet, dann empfehle ich, direkt das ganze Heft nachzukaufen - da sind einige weitere hübsche Modele drin.


Es ist ein Bahnenrock mit hoher Taille, Formbund und Hüftpassentaschen, die mit breiten Patten/Leisten ausgestattet sind. Ich habe allerdings die Knopfleiste weggelassen und stattdessen einen Reißer hinten eingebaut.

Die allererste Version dieses Rockes hatte ich mit der versteckten Knopfleiste genäht und fand die aber völlig unnütz. Einerseits hatte ich den Eindruck, dass es dem Rock ein wenig den natürlichen Schwung nahm und umständlich war die Knopfleiste andererseits auch noch. Eventuell würde ich nochmal eine Variante mit sichtbarer Knopfleiste machen, aber ansonsten bleibe ich bei dem durchgehenden Vorderteil. Der Wollstoff in dunkellila ist ein Souvenir aus Kassel; ich habe ihn gekauft, als ich das erste Mal für mein Masterstudium zur Universität gefahren bin.

Ich habe diesen Rock bereits 2014 genäht und auch hier schon gezeigt. Der Rock geht bis Größe 44, ich habe aber an allen Seiten etwas zugegeben und ihn so noch ein wenig vergrößert. Durch die vielen Nähte und den Formbund lassen sich Anpassungen problemlos umsetzen.


Die Bluse ist Simplicity 7708, die ich hier schon vorgestellt - übrigens mit dem gleichen Rockschnitt - und auch in diversen Varianten genäht habe. Diese Version aus leichter Viskose ist inzwischen zehn Jahre alt und wird wohl bald aussortiert, denn der Stoff wirkt langsam blass und müde.

Bluse und Rock vertragen sich sehr gut zusammen, denn da wo der Rock hochtailliert ist, ist die Bluse durch Falten geformt und fällt dann erst ab Rockbund blusig weit.


Hinten hat die Bluse einen Schlitz, damit man trotz des halsnahen Schnittes bequem mit Kopf und Frisur hindurchpasst. Meiner Erfahrung nach ist der Schlitz die Schwachstelle dieses Schnittes. Der zarte Stoff hat an der Schlitzspitze (trotz Verstärkung) zu wenig Halt und platzt aus. In einer neueren Version habe ich daher in der hinteren Mitte eine Naht gesetzt - die erfüllt den gleichen Zweck und ist aber weniger anfällig.


Ich bin - wie zu erwarten war - sehr zufrieden mit dem Rock; ohnehin brauche ich viel mehr Röcke mit ausreichend großen Taschen, damit ich im Büro nicht ständig Schlüssel und Handy in der Hand habe.

Mittwoch, 7. August 2024

Fertig: Cape von Burda!

Heute mal ein eher ungewöhnliches Kleidungsstück, denn ich habe mir ein Cape genäht oder genauer gesagt eine Weste mit angesetztem Cape.


Den Wollstoff mit graublauem Hahnentrittmuster habe ich schon länger. Er ist aus zweiter Hand und ich wollte daraus immer ein Cape machen, weil mir der Stoff dafür am besten geeignet schien und ich Capes aufregend finde. Auch in den 1930er bis 1950er Jahren waren Capes angesagt - sowohl im Winter und der Übergangszeit, aber auch in der Abendgarderobe.


Aber es muss doch trotzdem alltagstauglich bleiben - soweit man das überhaupt von einem Cape sagen kann. Also wollte ich gern ein Cape mit vernünftiger Verschlussmöglichkeit haben, das im Hamburger Schmuddelwetter auch Sinn macht. Das Modell 111 aus der Burda 08/2009 war dafür sehr gut geeignet, denn es handelt sich um eine Weste mit Knopfleiste, Gürtel, Taschen und angesetztem Cape. Außerdem einer Menge an Details, wie Riegel und Ziersteppungen.


Das gefiel mir gut und der Stoff reichte trotz einiger Schadstellen genau. Der Schnitt ist im Heft auch noch als kürzere Version mit Druckknöpfen, weniger Details und einem angeschnittenen Band am Kragen vorgesehen. Die Länge und den Kragen wollte ich zwar nicht verändern, aber die Idee mit den Druckknöpfen gefiel mir gut und die Riegel und und Zierstepungen habe ich auch weggelassen. Genäht habe ich allerdings die Taschen, die mit einer Klappe in der Seitennaht des unteren Westenteils liegen.


Ich habe den Schnitt zunächst um zwei Größen vergrößert sowie eine Full Bust Adjustment (FBA) am Oberteil gemacht und rund 3cm je Seite zugegeben - dadurch ist sowohl in der Taille ein Abnäher entstanden wie auch aus der Schulter. Die Taille habe ich etwas höher gesetzt als im Schnitt vorgesehen und das Oberteil insgesamt etwas gekürzt. Leider habe ich wohl zu übermütig den Abnäher aus der Taille genäht, denn die Abnäherspitze geht doch deutlich zu hoch.

Merke für das nächste Mal: Brustabnäher aus der Taille in der Höhe reduzieren, dafür den aus der Schulter nochmal etwas verlängern!


Damit sich der Besatz und das Futter nicht am Schulterabnäher in die Quere kommen, habe ich den angeschnittenen Besatz am Vorderteil um 2cm verbreitert, sodass sich Besatz und Futter genau dort als Naht treffen. Das wollte ich dann am Futter einfach wegnehmen, aber ich bin letztlich mit dem Abnäher und den den verschiedenen Besätzen - denn auch in den Armlöchern und am hinteren Kragen sind solche vorgesehen - und den jeweils darum reduzierten Futterteilen heillos durcheinander gekommen. Am Ende passte das Armloch am Futter nicht zu dem des Oberstoffes und ich habe nochmal das Futter für das Vorderteil zugeschnitten, aber es sitzt - insbesondere links von mir - immernoch nicht ideal.

Merke für das nächste Mal: Eigene Schnittmusterteile für das Futter erstellen!


Was mir nicht letztlich so gut gefällt, ist der Schnitt der Weste, denn diese ist gerade geschnitten. Zusammen mit dem Taillenabnäher, den Taschen in der Seitennaht und dem Gürtel, schlägt das für meinen Geschmack zu viele Falten und ist zu kastig.

Merke für das nächste Mal: Abnäher im Rückenteil einnähen und leicht ausgestelltes Schößchen gesondert ansetzen!

Die Gürtelschnalle, ebenfalls aus zweiter Hand, passt übrigens ideal zum Stoff und sieht nur auf den Bildern etwas zu lila aus.


Trotz dieser kleineren Unzulänglichkeiten finde ich das Cape toll. Es trägt sich ganz aufregend, weil es irgendwie immer herumflattert und ich freue mich schon sehr auf den Herbst. Und wie man an meinen Merkern sieht, plane ich auch sehr ernsthaft ein weiteres Modell; ich hätte gern noch ein Cape mit dazu passendem Rock!

Mittwoch, 3. Juli 2024

Rüschen und Rosen!


Hier war es still in den letzten Wochen, was aber nicht daran lag, dass ich nichts genäht habe. Ganz im Gegenteil habe ich so viel genäht wie schon lange nicht mehr, denn ich wurde als eine von fünf Kandidatinnen ausgewählt für den SewingStar 2024 von Burda Style und babylock. Dabei handelt es sich um eine Nähchallenge auf Instagram, bei der wir in drei Wochen zu einem vorgegebenen Motto und mit zur Verfügung gestellten Schnittmustern, Stoffen und Materialen ein Outift nähen mußten. Das Motto in diesem Jahr war "Rüschen und Rosen" und meine Stoffe waren eine gemusterte Viskosemischung und ein rosa Viskose; wir durften uns noch weitere Stoffe dazubestellen.


Inzwischen ist die Challenge vorbei und es kann noch bis Freitag, 5. Juli 2024, auf den Instagram-Accounts von Babylock oder Burda Style durch Like abgestimmt werden.

Ich freue mich, falls ihr für mich abstimmt oder wir uns auf Instagram treffen.


Bei dem Motto war bei mir recht schnell klar, dass ich das Kleid 123 aus der Burda 05/2019 nähen werde. Das Modell ist ein neuaufgelegter Schnitt aus der 06/1954 - ein Heft, das ich zufällig auch habe.

Das Kleid zeichnet sich neben dem Tellerrock und dem passenden Stoffgürtel vor allem durch die große Rüsche am Ausschnitt aus - perfekt also für das Motto. Weil das Schnittmuster nur bis Kleidergröße 44 geht, habe ich es um zwei Kleidergrößen vergrößert und außerdem für die große Brust eine FBA (Full Bust Adjustment) gemacht. Damit das Muster immer gut zusammenpasst, musste ich den Tellerrock vierteln. Außerdem habe ich den Tellerrock angefeuchtet und beschwert aushängen lassen, weil sich der Stoff je nach Fadenlauf unterschiedlich stark dehnt, also zipfelig wird. Ich musste dann bis zu 10cm lange Zipfel wieder begradigen.


Außerdem wollte ich die Gelegenheit nutzen und endlich mal einen bauschigen Unterrock, einen Petticoat, nähen. Ich habe dafür Futterstoff und Soft Tüll verwendet. Der Soft Tüll hat den Vorteil, dass er auch unversäubert weder kratzt noch an der Strumpfhose hängen bleibt oder Ähnliches.



Der rosa Viskosestoff war für mich zunächst nur schwer einzusetzen - zu fein und blusig für eine Jacke und noch eine Bluse oder einen Rock über das Kleid zu setzen, fand ich auch nicht so ideal. Der Gatte meinte, dass mir noch ein Jäckchen fehlt, am besten ein Bolero. Ich hatte zum Glück auch um einen roten Leinen als zusätzlichen Stoff gebeten und habe also daraus einen Bolero genäht, den ich dann mit dem Viskosestoff gefüttert habe. Der Schnitt ist ebenfalls aus der Burda 06/1954.


Damit auch Rosen vorhanden sind, habe ich anschließend noch ein Hütchen gebastelt und dort eine kleine Rose aus dem rosa Viskosestoff aufgenäht. Weil ich das noch zu wenig Rosen fand, habe ich danach noch eine Rosentasche genäht - ebenfalls aus dem roten Leinen und gefüttert mit der rosa Viskose.

Und so habe ich in drei Wochen ein ganzes Outfit zum Motto Rüschen und Rosen genäht; weil das zeitlich schon sehr ambitioniert war, konnte ich hier darüber bislang nicht berichten, aber das hole ich nach. Obwohl ich anfangs nicht so glücklich mit den Farben und dem Muster war, finde ich das Outfit jetzt am Ende doch sehr schön.

Aktuell wird bei Instagram von der Community abgestimmt und am Samstag wird zusätzlich eine Jury die verschiedenen Outfits bewerten und dann wird die Gewinnerin ermittelt.