Schnitte, die man schon genäht hat, haben den großen Vorteil, dass man eine Menge Zeit spart, weil man diese ja bereits zuvor ins Abpausen, in Anpassungen und in das Mitdenken, gesteckt hat. Zeit ist für mich aktuell ein großes Thema, weil ich mich - da hatte ich mich bei dem letzten Post wohl unklar ausgdrückt - mitten im Promotionsstudium befinde und das neben einer Vollzeitbeschäftigung zeitlich und nervlich herausfordernd ist.
Insofern nutze ich den Vorteil der bekannten Schnittmuster; auch weil man aufgrund der bereits gemachten Erfahrung noch Verbesserungen vornehmen und die Stoffbeschaffenheit gut abschätzen kann und man auch die Schwachstellen der Schnitte kennt.
Diese Bluse, die eigentlich ein Kleid ist, ist aus einer alten Burda 09/1953 und
ich hatte sie bereits vor einigen Jahren genäht. Ich habe schon damals eine
Anpassung für die Brust gemacht und die Mehrweite in die Falten am Kragen geschoben.
Der Wollstoff ist in sich gemustert aus cremefarbenen und braunen Fäden und ließ sich widerstandslos verarbeiten. Am Kragen habe ich eine dunkelbraune Paspel eingezogen, damit die Bluse etwas Kontrast bekommt. Für die Manschetten hat der Stoff aus zweiter Hand dann aber nicht mehr gereicht und ich habe sie weggelassen.
In den 1950er Jahren war eine weichgezeichnete Schulterlinie im Trend, die vor allem durch tief eingesetzte oder angeschnittene Ärmel erreicht wird. Da angeschnittene Ärmel weniger Bewegungsfreiheit gewähren als eingesetzte Ärmel ging diese Mode häufig mit
Unterarmzwickeln einher. Unterarmzwickel sind im Prinzip Keile oder Dreiecke, die in einen Einschnitt unter der Achsel eingesetzt werden und so den Kompromiss schaffen zwischen der weichen Linie und der Möglichkeit den Arm zu heben.
Eine Gefahr bei Unterarmzwickeln ist allerdings das Ausplatzen des Zwickels, denn die Nahtzugaben sind sehr schmal. Um das zu vermeiden
habe ich dieses Mal den Zwickel rechts auf links untergenäht, also nicht mit dem Oberstoff verstürzt, sondern vielmehr den Oberstoff mit Vlieseline verstürzt, dann umgebügelt und die Vlieseline festgebügelt; anschließend von unten den Zwickel gegengesetzt und mit etwas Abstand festgesteppt. Dadurch ist die Kante besser geschützt, denn die hat einerseits die Vlieseline als Stabilisierung und andererseits ist der Zug nicht direkt an der Kante.
Der Rock -
mein Weihnachtsrock aus dem Jahr 2017 - ist ein normaler gerade Rock, aber mit Taschen und hinten zwei Falten für mehr Bewegungsfreiheit. Der Rock ist fester Bestandteil meines Kleiderschrankes geworden und jedes Jahr im Frühling bin ich fast etwas traurig, wenn er wieder bis zum nächsten Winter eingemottet wird.
Letztlich bin ich mit der Bluse zufrieden, aber für echte Begeisterung reicht es nicht - die runde Schulter schmeichelt mir einfach nicht so besonders. Ich denke, ich werde dem Schnitt tzrotzdem noch eine Chance geben, denn er ist eigentlich ausdrücklich für karierte Stoffe vorgesehen und gerade daraus habe ich den Schnitt noch nicht genäht. Aber so ein großkarierter Falenell würde mich - dann doch nochmal als Kleid- noch reizen, also das werde ich auf jeden Fall noch nachholen!